ÖSTERREICH – ARMENIEN – MEER

Zwei Menschen, der eine in Österreich, der andere in Armenien geboren, verstehen vorzüglich, was Berge bedeuten, was das Meer bedeutet.

Wenn rundherum die Berge hoch in die Wolken ragen, dann gibt es wenig Weite des Denkens, der Blick wird eng, man sieht hinauf oder hinunter, es gibt keinen Horizont, keine Grenzenlosigkeit, keine Weite. Auch die Freude gibt es nicht, die Endlosigkeit zu suchen und zu finden oder nicht zu finden. Die Berge sind Mauern zwischen dir und der Welt, wie die Berliner Mauer, wie die chinesische Mauer. Die Berge hindern dich, deinen Blick auf die andere Seite zu werfen. Ich fühlte so, als ich das Meer zum ersten Mal sah.

Das Meer ist Freiheit, die man nicht hat, ein Traum, der nicht gefunden ist, das Wunder, im Leben frei zu schwimmen, das Verlangen, mit beiden Lungenflügeln tief tief zu atmen, der Reiz der Fernen …

Für den, der zwischen Bergen lebt, erzählt das Meer die Märchen einer großen Welt …

Das Wasser weiß um deine gelebten und ungelebten Sekunden, Wasser erinnert alles, vor dem Meer lässt sich nichts verbergen, denn vor dem Meer bist du nackt und selbst die Haut kann deine Seele nicht verbergen.

Der Traum der Armenier ist deshalb bis heute Kilikien, die große Legende in ihrer Geschichte, die Legende von jenen Zeiten, als sie noch ein Meer hatten und den blauen Duft der Freiheit atmen konnten. Meine Vorfahren kommen aus Kilikien, vom Musa Dagh – so habe ich stets in mir die Wellen des Mittelmeers gespürt, den Geruch des Wassers und den Frieden des Sonnenuntergangs.

_Tatev Chakhian
Übersetzung: Herbert Maurer

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