Europa –
damit wir uns richtig verstehen,
habe ich einige deiner Sprachen gelernt,
aber du hast nicht einmal versucht, meinen Nachnamen richtig auszusprechen.
Bei unserem ersten Treffen
habe ich vor Freude laut gequiekt (wie die Leute in meinem Land),
dann vor Schmerz geschrien (die Macht der Gewohnheit),
du aber hast mich darauf hingewiesen, dass hier nach 22 Uhr
jedes Geräusch als Ruhestörung gilt.
Europa –
du hast mich überrascht und ich habe selbst gestaunt,
als ich hellhäutiger und blonder wurde als du,
und wie gern ich bei den Demonstrationen in die Chöre einstimmte,
gegen jene, die ich nicht einmal gewählt hatte …
In den Nächten deiner Jungen mit ihren blauen Augen,
dem blauen Blut, dem roten Pass, da sah ich deinen Traum,
aber deine Morgen, Europa, die gehörten mir nie …
Du hast mich geliebt, aber nicht geheiratet.
Europa –
du wolltest von mir Märchen aus Tausendundeiner Nacht,
mir aber fiel nichts Märchenhaftes ein
aus einer Kindheit im Krieg,
umgeben von Explosionen und Schreien.
All meine inneren Kinder sind erwachsen geworden …
All meine inneren Soldaten müde, Europa …
All meine inneren Streuner sind für immer verloren …
Ich bin in deinen Schoß gekrochen, um einen Moment lang niemand zu sein und Frieden zu finden
Europa –
mein Herz ist schwerer als die 56 Kilo, die du siehst,
aber wenn deinem Herz meins nicht wehtut,
dann tu auch so, als würdest du meinen Körper nicht sehen.
_Aus dem Armenischen von Anahit Avagyan und Wiebke Zollmann
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